Making-of: Ökobasis One World Protect

Leon Christian BreuerPresse, Top-News

Der „Ökobasis One World Protect“ war der erste Fonds in Deutschland, der sich die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDG) in seine Besonderen Anlagebedingungen schreiben ließ. Am 10. März 2021 wurde er nach Artikel 9 der Offenlegungsverordnung als Fonds eingestuft, der konsequent nachhaltige Investitionen anstrebt. Wie kam es bereits in der Konzeptionsphase des Fonds zu Weichenstellungen, die damals ihrer Zeit voraus waren? Co-Herausgeber Hans-Jürgen Dannheisig hat dazu Lothar Antz, Geschäftsführer der Fondsinitiatorin Ökorenta Luxemburg, und Martin Weinrauter, den Leiter des Fondsmanagementteams von Grohmann & Weinrauter Vermögensmanagement (G&W), befragt.

 

ENI: Wie haben Sie den Start des Projekts in Erinnerung?
Antz: Es gab eine Beziehung zwischen Ökorenta und G&W, die im Frühjahr 2017 bereits seit mehr als zehn Jahren bestand. Wir hatten damals ein Projekt vorbereitet, das auf einer anderen Grundlage arbeiten sollte. Wir hatten sogar schon Seedmoney-Zusagen, und doch haben wir das Projekt zurückgezogen.

 

ENI: Was für ein Setup hatte das ursprüngliche Projekt?
Weinrauter: Wie fast immer bei G&W war die Grundlage ein Risikomanagement- Ansatz. Long Aktien, short Futures. Also ein konventionelles Overlay für das Risikomanagement. Das Problem aber war, dass wir letztendlich zu viele Kompromisse bei den großen Nachhaltigkeitsfragen hätten eingehen müssen, um eine für uns im Fondsmanagement akzeptable Übereinstimmung von Aktien und Futures zu erreichen. In diesem Fall hätte ein Best-in-Class- Ansatz für ein Portfolio aus 40 europäischen Large-Caps zum Overlay- Management mit dem Stoxx 600 Futures gepasst. Die Zahlen sahen vielversprechend aus. Aber wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass uns solch ein Kompromiss- Portfolio nicht weiterbringen würde.

 

ENI: Das Konzept war berechnet. Das Seedmoney war eingeworben. Es gab also konkretes Interesse. Warum dennoch der Rückzieher?
Antz: In einer finalen Debatte haben wir nochmals alle Aspekte auf den Prüfstand gestellt, aber die Frage der Kompromisse steckte wie ein Stachel im Fleisch, den wir einfach nicht loswerden konnten. Das Konzept war effizient. Es war kostengünstig umzusetzen. Aber durch die Nachhaltigkeitsbrille betrachtet wäre der Fonds eben nur relativ gut gewesen.

 

ENI: Was hat gefehlt?
Antz: Ausschlusskriterien. Ich bin mittlerweile im Ethik-Beirat der Steyler Ethik Bank und weiß es jetzt sehr zu schätzen, dass bereits im Anlageuniversum des „Ökobasis One World Protect“ keine Unternehmen enthalten sind, an deren Gewinnen weder die Investoren des Fonds noch ich selbst partizipieren möchten. Das war die größte Schwäche des Erstkonzepts.

 

ENI: Wie sind Sie vorgegangen, um dieses Manko zu beheben?
Weinrauter: Wir haben uns gefragt, wie ein rundum gelungenes Fondskonzept mit hohem Nachhaltigkeitsanspruch aussehen müsste. Was uns bei diesen Überlegungen weitergeholfen hat, war ein Durchbruch im G&W-Forschungsinstitut Absolute Investments Research Center. Wir arbeiten dort mit Kollegen aus der Physik und der IT, um unsere Fondsmanagementprozesse permanent weiterzuentwickeln. Dort waren wir gerade den Schritt gegangen, uns vom Overlay-Management mit Futures-Kontrakten zu lösen, und damit den Weg für indexunabhängige Portfolios freizumachen.

 

ENI: Welche konkreten Vorteile hat dies für ein Nachhaltigkeitsportfolio?
Weinrauter: Die Möglichkeiten zur Kurssicherung haben nicht mehr das Portfolio des Fonds bestimmt. Wir hatten die Freiheit gewonnen, das Portfolio ohne Wenn und Aber auf Nachhaltigkeitserfordernisse auszurichten.

 

ENI: Wie haben Sie Ihr Portfolio gefunden?

Antz: Im ersten Schritt haben wir uns Branchen gesucht. Wasser, Erneuerbare Energien, Nahrungsmittel. Wir hatten etwa zwölf Arbeitsfelder gefunden, auf denen wir mit jeweils fünf Aktien tätig werden wollen. Damit sind wir dann zu einem ersten Gespräch zur Steyler Ethik Bank gegangen. Und dort hat man uns gefragt, ob wir die SDG neu erfinden wollten.

Weinrauter: Wenn das Thema in unseren Gesprächen auf diese Erinnerung kommt, müssen wir auch heute noch über meine damalige Frage lachen: SDG, was ist das?

 

ENI: Erklären Sie es unseren Lesern noch einmal?
Antz: Die SDGs sind die 17 nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen für das Jahr 2030. Ausdrücklich ist auch der Finanzsektor aufgerufen, sich zu engagieren. Wir haben unsere Überlegungen, die ja in die richtige Richtung gingen, daraufhin gleich beiseitegelegt und sind dem Konzept der SDG gefolgt.

 

ENI: Standen Ihnen die Türen nach dieser Grundsatzentscheidung pro SDG dann gleich offen?
Weinrauter: Ganz so einfach war es nicht. Wir waren damals die Ersten, die über die Steyler Ethik Bank die entsprechenden Daten von ISS-ESG abonniert hatten. Wir waren auch die Ersten, die einem Fonds diese SDG in die Besonderen Anlagebedingungen schreiben lassen wollten. Das war damals ein Novum und so hat es fast ein halbes Jahr gedauert, bis die entsprechenden Hürden genommen waren.

 

ENI: Wo lag das Problem?
Antz: Wir haben die SDGs zum integralen Bestandteil der Anlagestrategie gemacht. Bis dahin galten Ausschlusskriterien und Best-in-Class als das grundlegende Konzept jedes ernstzunehmenden Nachhaltigkeitsfonds. Es war zweidimensional. Wir wollten aber die dritte Dimension für die Analyse der Aktien erschließen. Jedes Produkt und jede Dienstleistung sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Per Saldo muss ein Unternehmen einen positiven Beitrag zu den SDG leisten. Sonst kann es nicht in das Anlageuniversum des Fonds kommen. Das war neu, und neue Dinge brauchen ihre Zeit.

 

ENI: Wie sieht dieses Universum aus dem Blickwinkel des Fondsmanagements aus?
Weinrauter: Es ist ein ausgesprochen lebendiges Universum. Bunt. Vielfältig. Es gibt nur wenig Überschneidungen mit Aktien aus den großen Indizes. Für uns war es in der Vermögensverwaltung die perfekte Diversifikation zu unseren anderen Strategien.

 

ENI: Welches Profil hat der Fonds in diesem Umfeld ausgebildet?
Weinrauter: Er ist aufgrund seines Universums sehr dynamisch. Man merkt es ihm geradezu an, dass er Performance erzielen will. Wählt man einen Vergleich aus dem Fußball, dann ist er ein Stürmer moderner Prägung. Er sucht seine Chancen, findet Abschlüsse, und er sichert aktiv, wenn das Team unter Druck gesetzt wird.

 

ENI: Welche Techniken setzt das Fondsmanagement ein, um dieses Profil zu gewährleisten?
Weinrauter: Wir setzten Momentum-Strategien ein, um das Chancenpotential dieses Universums auch zu nutzen. Und wir setzten Risikomanagementelemente ein, um in der Spur zu blieben. Antizyklische Reallokationen sorgen dafür, dass Gewinnpotenziale nicht nur entstehen, sondern permanent auch realisiert werden. Wir verwehren dem Fonds die Bildung von zu großen Klumpenrisiken und reduzieren systematisch die Investitionsquoten der Aktien in Zeiten, in denen der Gesamtmarkt Probleme bekommt. 2018 war so ein Zeitraum. Ebenso im Corona-Crash. In beiden Fällen gelang es uns, anschließend wieder zügig zurück in den Markt zu kommen.

 

ENI: Herr Antz, wie geht es Ihnen als Initiator mit dem Fonds, hat er Ihre Erwartungen erfüllt?
Antz: Wir wollten nicht einen der ewiggleichen Fonds auf den Weg bringen. Er soll kompromisslos nachhaltig sein. Wir haben mit der Einstufung nach Artikel 9 der Offenlegungsverordnung eine Bestätigung dafür bekommen. Der Fonds erzielt mit jeder seiner Aktien Wirkung. Das kann man messen und nachweisen. Den SDG sei Dank dafür. Der Fonds soll auch in der Lage sein, Performance zu erzielen. Er hat es jetzt schon mehrfach gezeigt. Er findet die Chancen im Markt und er nutzt diese Chancen. Der dritte Punkt ist dann typisch G&W. G&W ist Risikomanager durch und durch. Und so hat das Risikomanagement immer seine Hand im Spiel. Bei jeder Entscheidung. Aber es ist so eingestellt, dass es der Performance nicht die Luft zum Atmen nimmt. Solch einen Fonds wollten wir haben. Solch ein Fonds ist es geworden.

 

Link zum vollständigen Originalartikel