Währungen in der Kapitalanlage
Sind Währungen ein Thema, dem ein Vermögensverwalter ein hohes Maß an Aufmerksamkeit widmet?
Man muss differenzieren. Währungen als direktes Anlagethema, als eigene Anlageklasse, stehen nicht im Mittelpunkt unserer Überlegungen. Der Handel z.B. des USD gegen den EUR gilt als ein Markt, der sehr stark von einer Vielzahl von professionellen Marktteilnehmern mit ganz unterschiedlichen Interessen und einem unvorstellbaren Handelsvolumen dominiert wird. Wenn es einen Haifischteich im Handel gibt, dann sind das Währungen.
Sollte man Währungen dann besser ignorieren?
In den Zeiten, in denen der Zins von zwei Währungen nahezu gleich hoch ist, kann man das, indem man den Währungskurs sichert. Bei vergleichbarem Zinsniveau zwischen beiden Währungen kostet die Sicherung kaum Geld. In den vergangenen drei Jahren sah das anders aus.
Wie muss man sich das vorstellen?
Wer in den vergangenen Jahren im USD investiert war, konnte Staatsanleihen kaufen und dafür Zins bekommen. In EUR war das nicht möglich. Würde die Absicherung der Währung dann nichts kosten, hätte jeder Euro verkaufen müssen, um im USD zu investieren. So aber kostet die Absicherung der Währung die Zinsdifferenz zwischen beiden Währungen und es gibt damit keinen „Free Lunch“.
Geht es dabei um relevante Größenordnungen?
Für die vergangenen drei Jahre waren das zusammen etwa 10 %. Da stellt sich schon die Frage, ob man das Währungsrisiko nicht doch tragen sollte.
Sollte man es tragen?
2017 war das keine gute Idee. Man hat zwischenzeitlich mehr als 15 % daneben gelegen, wenn man ohne Währungssicherung im USD investiert war. In den vergangenen beiden Jahren war das wieder anders. Da ist das Pendel nahezu komplett in die andere Richtung ausgeschlagen. Rechnet man den Swap-Satz hinzu, also die Zinskosten der Währungssicherung, dann wäre es für diesen Zeitraum besser gewesen, nicht zu sichern.
Wie halten Sie das in Ihrer Vermögensverwaltung?
Der USD selbst, als Beispiel für andere Währungen, steht bei uns nicht im Mittelpunkt der Überlegungen. Im Mittelpunkt stehen die Investitionsmöglichen in den Währungen, also Aktien.
Warum halten Sie Ausschau nach US-Aktien?
Es scheint uns nicht so zu sein, dass die Unternehmen in den USA grundsätzlich interessantere Investments sind als deutsche oder europäische Unternehmen. Aber es gibt in den USA eine Reihe von Aktien, für die es in Europa keine Alternative gibt, z. B. Apple, Amazon, Alphabet oder Techwerte wie Nvidia. Wer auf diese Aktien verzichtet hat, hat auf einen Großteil der weltweiten Performance in Aktien verzichtet.
Ist es so dramatisch?
In der ersten Liga der großen Aktien schon. Der DAX-Index hätte inklusive Dividenden in der Betrachtung von Frühjahr 2000 (vor dem Kursrutsch) zu Mitte März 2020 (nach dem Kursrutsch) kaum Performance geliefert. Im S&P sieht das ganz anders aus. Der MDAX aus der zweiten Reihe der großen Unternehmen entschädigt in dieser Hinsicht natürlich. Aber es bleibt dabei. Man sollte die US-Aktien nicht außen vor lassen. Mehr als die Hälfte der Welt-Kapitalmarktgewichtung ist hier zu finden.
Wie steuern Sie dann die Währungsfrage bei Ihren Kunden?
Für unseren US-Fonds, den AIRC BEST OF U.S., arbeiten wir mit zwei Anlageklassen. Der Fonds ist sowohl unser US-Aktien-, als auch unser US-Währungs-Basisinvestment und da er vollständig in den USA investiert, ist der USD hier ein wichtiges Maß der Dinge. In einer zweiten Anlageklasse sichern wir den USD komplett gegen den Euro. Hier setzen wir den Fonds dann nicht auch unter Währungsgesichtspunkten ein, sondern ausschließlich, um ohne jedes Währungsrisiko in US-Aktien zu investieren.
Wie sehen die Ergebnisse im Vergleich aus?
Die Differenz entsteht hier tatsächlich ausschließlich aufgrund der Währung, denn alles andere unterscheidet sich ja nicht. Der Fonds wurde im Herbst 2014 aufgelegt, er ist also seit gut fünf Jahren am Markt. In diesem Zeitraum – wir haben mit den Fondspreisen vom 16.3.2020 gerechnet, also nach einem Rückgang des S&P um ca. 30 % – hat die Anlageklasse USD umgerechnet in Euro eine Performance von ca. 7,4 % p.a. erzielt, die währungsgesicherte Anlageklasse dagegen 3,1 %. Die Differenz zu Gunsten der Anlageklasse USD wird von den Kursgewinnen des USD gegen den EUR und den gesparten Swap-Kosten im gesamten Zeitraum verursacht.
Reicht das als Argument für das ungesicherte Währungsinvestment?
Das ist die große Frage. Wir reden über dieses Thema immer wieder auch mit einigen der ganz großen Pensionskassen, die unsere Herangehensweise an die Währungsfrage bei Aktienpositionen in Fremdwährungen sehr interessant finden. Diese Investoren sichern Währungen häufig vollständig. Denn wenn es dort mal richtig zur Sache geht, wenn es die ganz großen Währungsdrifts gibt, dann können das schon mal 50 % sein, die gegen das eigene Investment laufen.
Ein Beispiel dafür?
Die größte Bewegung der vergangenen dreißig Jahre, also innerhalb der Erinnerung der aktuellen Generation der Marktteilnehmer, war ein Anstieg des EUR gegen den USD. Der Preis des EUR in USD ist von ca. 0,83 im Oktober 2000 auf ca. 1,60 im April 2008 gestiegen. Ein EUR-Investment im USD hätte ohne Währungssicherung also entsprechend stark gelitten.
Es kann aber nicht der Währungshedge sein, der von großen Pensionskassen als G&W-Innovation angesehen wird?
Nein, das ist es nicht. Das Problem der Investoren waren die großen Zinsdifferenzen in den vergangenen drei Jahren. Bei einer Zinsdifferenz von ca. 3 % p.a. könnte das in 10 Jahren 30 % ausmachen. Da muss man sich definitiv überlegen, ob man nicht doch auf den Währungshedge verzichtet.
Wie lösen Sie dieses Dilemma?
Im AIRC BEST OF U.S. können wir diese Frage nur durch Diversifikation lösen, indem wir also einen Teil der US-Investments unserer Kunden gegen Währungsverluste sichern und einen Teil nicht. Ganz anders sieht es im ÖKOBASIS One World Protect aus, einem Fonds, für den wir weltweit investieren und dabei viele unterschiedliche Währungen einsetzen. Teilweise sind hier die Zinsdifferenzen noch deutlich höher als zwischen USD und EUR. Hier integrieren wir das Management der Währungsrisiken in das Management der Aktienrisiken.
Wie funktioniert das?
Wenn eine US-Aktie steigt und gleichzeitig der USD, dann ist das für einen europäischen Anleger doppelt interessant. Wenn das Pfund wie nach der Brexit-Abstimmung fällt und gleichzeitig auch die britischen Aktien, dann ist dies das negativste Szenario überhaupt, denn es führt zu Verlusten bei Währung und Aktien. Spannend war es im Jahr 2017. Wir haben gesehen, wie schwach der USD gegen den EUR war und hatten erwartet, dass sich damit die Anzahl der US-Aktien im Portfolio des ÖKOBASIS One World Protect deutlich reduzieren würde. Aber das geschah nicht, denn die US-Aktien im Fonds stiegen so stark, dass sie die Währungsschwäche mehr als ausgleichen konnten.
Große Pensionskassen mögen so etwas?
Ja. Aber nicht nur die. Diese Herangehensweise an die Währungsfrage ist zweifellos innovativ und zudem funktioniert sie. Das gefällt daher nicht nur Großanlegern.
Wie sieht Ihr Fazit zum Einsatz von Währungen in der Kapitalanlage aus?
Man sollte nicht auf Investments außerhalb des Europaraums verzichten. Man kann aber das Währungsrisiko nicht ignorieren. Der ungesicherte Währungsanteil sollte daher als Anteil des Gesamtportfolios nicht zu groß gewählt werden. Besonders interessant sind alternativ zu dieser passiven Aufstellung natürlich Vorgehensweisen, in denen das Risiko großer Währungsbewegungen aktiv und systematisch gesteuert wird.