Nachhaltigkeit findet Fondsmanagement

Leon Christian BreuerPresse

Ökorenta hat eine lange Tradition der Nachhaltigkeit. Nachdem Investmentfonds für liquide Kapitalanlagen lange Zeit keine Rolle mehr für das Unternehmen gespielt hatten, wurde die alte Tradition des Vertriebs dieser Produkte von der Ökorenta Luxemburg GmbH und Geschäftsführer Lothar Antz mit dem Ökobasis-Label im Jahr 2017 neu belebt.

 

AUF DER GRÜNEN WIESE

Lothar Antz hatte bei seiner Markterkundung in 2016 alle Freiheiten für die Konzeption eines neuen Labels für Nachhaltigkeitsfonds. Er wollte neue Wege gehen, dabei Maßstäbe setzen und keine Kompromisse beim Nachhaltigkeitsanspruch eingehen. Seine Fragen der ersten Stunde klingen heute noch nach: Was bedeutet ein hoher Nachhaltigkeitsanspruch konkret und wer definiert, was ein Kompromiss ist und was nicht? Und wenn sich solch ein Konzept finden lassen sollte, was würde ein erfahrenes Fondsmanagement-Team dazu sagen? Schaut man heute am Ende des Jahres 2021 auf den Markt für Nachhaltigkeitsfonds, dann sieht man ein Umfeld, im dem alle Dämme gebrochen sind. Der Markt wird von allen Seiten geflutet mit Fonds und Strategien. In den meisten Konzepten wird darum gerungen, welche Mindestvorgaben erfüllt werden müssen, damit ein Fonds über die regulatorischen Definitionsschwellen kommt und damit als nachhaltig gelten kann.  Einerseits ist das ein Fortschritt, denn bis dahin wurde das immer stärker wachsende Interesse an Möglichkeiten für nachhaltige Investments häufig auch mit Produkten bedient, für die sich der Begriff Greenwashing etabliert hatte. Es gab keinen Schutz für die Verwendung des Wortes Nachhaltigkeit und der Intention, die damit gemeint ist. Erste regulatorische Schutzbestimmungen gibt es nun. Auch wenn sie noch einiges zu wünschen übriglassen, so sind es doch wegweisende Schritte und sie zeigen, wie sehr sich die öffentliche Haltung zu den großen Themen der Nachhaltigkeit gewandelt hat. Es ist davon auszugehen, dass von der praktischen Umsetzung der Vorgaben von zum Beispiel Offenlegungsverordnung und Taxonomie weitere Impulse ausgehen werden und all dem, was heute noch ungelenk und in Teilen unfertig aussieht, im Laufe der Zeit ein anderes Aussehen und Ansehen geben werden. Von diesen Entwicklungen war im Jahr 2016 nichts zu erahnen. Es war zu erkennen, dass es ein Wachstum bei der Nachfrage nach verlässlich konzipierten Nachhaltigkeitsstrategien gab, aber dass die nachhaltig ausgerichtete Vorgehensweise am Kapitalmarkt zum maßgeblichen Thema jeglicher Kapitalanlage werden sollte, stand nicht als Erwartungshaltung im Raum. Auch wenn die Millenniumsziele im Jahr 2000 Weichen gestellt hatten und mit den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen im Jahr 2015 ganz neue Akzente gesetzt wurden, so kamen diese Herausforderungen damals noch nicht im Kapitalmarkt an. Nachhaltigkeit wurde über die drei großen ESGParameter definiert: den schonenden Umgang mit Ressourcen, dem Blick auf das faire Miteinander der Menschen in den Unternehmen und der Gesellschaft und die Bedeutung der guten Unternehmensführung. Umgesetzt wurden die Ergebnisse der entsprechenden Analysen über Best-in- Class-Ansätze und Ausschlusskriterien.

 

FINDUNGSPHASE

Grüne Wiesen sind frei von Strukturen und Verkrustungen. Sie ermöglichen einen weiten Blick und müssen keine Rücksichten auf gewachsene Strukturen nehmen, die sich im Lauf von Jahren etabliert haben und es dabei mit den ganz natürlichen Beharrungskräften zu tun bekommen. Für Menschen, die es damals im Markt ernst meinten und die Nachhaltigkeitsnische aus Überzeugung bedienten, waren das in erster Linie Anlageausschüsse. Man hatte sich gefunden. Man kannte sich und arrangierte sich. Es wurde eine überschaubare Anzahl von Unternehmen identifiziert, sie wurden gekauft, und das Ergebnis war in den meisten Fällen zielführend und zufriedenstellend. Wenn es das alles schon gab, wie könnte ein Unternehmen wie Ökorenta dann innovative Akzente setzen? Die maßgebliche Entscheidung von Lothar Antz für diesen Entwicklungsprozess war der Entschluss, nicht alle Kompetenzen im eigenen Haus etablieren zu wollen, sondern Partnerschaften einzugehen mit Menschen, die auf ihrem eigenen Fachgebiet über jahrzehntelange Erfahrung und eigene Kernkompetenzen verfügen und gemeinsam in der Summe ihrer Kooperation das Potenzial haben sollten, erfolgreich neue Wege gehen zu können. Seine erste Entscheidung zur Besetzung des neuen Teams fiel für Grohmann & Weinrauter (G&W) aus Königstein. G&W war einer der ersten bankenunabhängigen Vermögensverwalter in Deutschland. Thomas Grohmann und Martin Weinrauter hatten sich im Jahr 1991 selbstständig gemacht, um Risikomanager zu werden. Es gab damals in Deutschland kein systematisches Risikomanagement in Publikumsfonds und so war die Auflage des ersten vermögensverwaltenden Mischfonds in Deutschland durch G&W eine Innovation, die einer heute allseits etablierten Fondsgattung die Tür geöffnet hatte. Ein aktives und systematisches Risikomanagement ist im Verlauf der Jahre zu einer unverzichtbaren Eigenschaft vieler Fondsstrategien geworden. Bei Nachhaltigkeitsfonds ist sie selten anzutreffen. Ihre Wertschätzung ist in Zeiten zunächst sinkender und jetzt negativer Zinsen gestiegen, denn immer mehr Kapitalanteile von Anlegern wanderten unter Ertragsgesichtspunkten aus Anleihen in den Aktienmarkt. Risikomanagement ist daher auch für Nachhaltigkeitsstrategien zur Notwendigkeit geworden, um die Auswirkungen starker Kursrückgänge an den Aktienmärkten für das Gesamtportfolio der Investoren in erträglichen Bandbreiten halten zu können.  Das Management von Risiken in Nachhaltigkeitsportfolios ist eine besondere Herausforderung. Wenn das Portfolio des Fonds hohen Nachhaltigkeitsansprüchen entsprechen soll, dann wird es von den gängigen Indizes und Sicherungs-Instrumenten abweichen. Der Einsatz von Futures zur Sicherung von Nachhaltigkeitsportfolios gleicht einem Schuss mit der Schrotflinte. Irgendwie trifft dieser Schuss, denn natürlich gibt es einen grundsätzlichen Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeitsportfolio und dem Gesamtmarkt. Die Gefahr der breiten Streuung zwischen hohen und geringen Übereinstimmungswerten zwischen Underlying und Overlay kann in kritischen Marktsituationen aber das Gegenteil dessen bewirken, was beabsichtigt war. Präzision ist etwas anderes und bedarf einer anderen Vorgehensweise. G&W hatte 2014 ein hauseigenes Kapitalmarktforschungsinstitut gegründet. Gemeinsam mit Physikern und IT-Spezialisten werden die weltweiten Publikationen aus der Kapitalmarktforschung gesichtet und vielversprechende Ansätze auf ihre Plausibilität überprüft. Ein Quantensprung dieser Kapitalmarktforschung wurde im Jahr 2016 erzielt. Das Management von Risiken wurde von der Portfolioebene auf die Ebene jeder einzelnen Aktie übertragen und mit dem Management von Chancen verbunden. Damit stand die Tür offen für das präzise Risikomanagement kompromisslos nachhaltig ausgerichteter Anlageuniversen. Der entscheidende Schlussstein für das neue Ökobasis-Konzept war die Definition des Anlageuniversums. Im Brainstorming wurde gemeinsam die Idee für ein Portfolio entwickelt, das die alltagsrelevanten Umsetzungsthemen der Nachhaltigkeit mit den jeweils auf diesen Feldern führenden Unternehmen abbilden sollte. Das Ergebnis war mit zwölf konkreten Ideen breit gestreut, ließ aber die Frage offen, wie die zu investierenden Unternehmen identifiziert werden sollten. Auf den ersten Blick scheint es einfach, zu einer Lösung zu kommen. Man schließt einen Vertrag mit einem der etablierten Research-Institute, vergleicht die übermittelten Daten und kommt zu einem Ergebnis. Doch wer hätte sich diesen Schuh anziehen sollen? Formell hätte es G&W sein können. Ein quantitativer Fondsmanager sollte grundsätzlich dazu in der Lage sein. Doch macht die Erfahrung im Umgang mit Datenbanken aus einem Manager von Kaptalmarktrisiken auch einen guten Manager von Nachhaltigkeitsrisiken? Man kann es nicht ausschließen, doch diese Möglichkeit wurde für das neue Fondskonzept der Ökobasis-Fonds nicht ernsthaft in Erwägung gezogen, zumal G&W diese Lösung grundsätzlich für sich verneint hat. Die eigene Erfahrung mit der jahrzehntelangen Auseinandersetzung auf dem Gebiet der eigenen Kernkompetenz, die Erkenntnis, dass die Tücken häufig nicht auf den ersten Blick erkannt werden können weil sie im Detail liegen, bestärkte den Entschluss, das Team mit einem dritten Partner zu stärken, um dem gesetzten Qualitätsanspruch gerecht werden zu können. Manches im Leben ist Zufall. Man kommt nicht um diese Erkenntnis herum. Aber aus den Zufällen des Lebens lässt sich in vielen Fällen allerhand machen. In diesem Fall war der Kontakt von Lothar Antz zur Steyler Ethik Bank solch ein Zufall. Gleich im ersten gemeinsamen Gespräch wurde die Frage gestellt, ob das Modell für das Anlageuniversum des ersten Ökobasis-Fonds die SDGs neu erfinden wolle. SDGs? Die Frage an die Steyler-Gesprächspartner, was denn die SDGs seien, zeigt, wie neu und wie wenig verbreitet die Kenntnis über die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen damals war, und ebenso, dass der Entschluss, das Team mit einem dritten Partner breiter aufzustellen, und diesem die Verantwortung für die Qualität das nachhaltigen Anlageuniversums zu übertragen, richtig war. Die Entscheidung, den Ökobasis-Weg künftig gemeinsam gehen zu wollen, fiel schnell, denn die Chemie stimmte zwischen allen Gesprächspartnern und die Argumentation für die verbindliche Übernahme der SDGs in die Besonderen Anlagebedingungen des Fonds war zu gut, um ihr nicht zu folgen.

 

INNOVATION

Mit dem „Ökobasis One World Protect“ wurde im Dezember 2017 der erste Nachhaltigkeitsfonds in Deutschland mit einem aktiven Risiko- und Chancenmanagement und einer Verankerung der SDGs in den Besonderen Anlagebedingungen des Fonds von der BaFin genehmigt. Bis zu diesem Zeitpunkt galten Konzepte aus Best-in- Class und Ausschlusskriterien als Koordinatensystem, in dem die Entscheidungen über die Aufnahme einer Aktie in das Anlageuniversum eines Fonds fielen. Die zusätzliche Aufnahme der SDGs in die Nachhaltigkeitsparameter hat ein dreidimensionales Entscheidungsbild entstehen lassen. Jede Aktie, die für den Fonds gekauft werden kann, muss mit ihren Produkten oder Dienstleistungen einen positiven Beitrag zu den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen leisten. Die konsequente Beachtung dieser weitgehenden Bedingung hatten sich bis zur Offenlegungsverordnung nicht viele Nachhaltigkeitsfonds zu Eigen gemacht. Sie war dann aber ein wichtiges Argument gleich für zwei Kapitalverwaltungsgesellschaften, den „Ökobasis One World Protect“ und ebenso den „Ökobasis SDG – Investments for Future“ nach Artikel 9 der Offenlegungsverordnung einzustufen. Vergleicht man die beiden ÖKOBASIS-Fonds, dann gibt es mit den globalen SDG-Anlageuniversen und konsequenten Risikomanagement-Strategien entscheidende Gemeinsamkeiten. Ebenso bedeutsam sind aber die Unterschiede in den Anlagestrategien. Der „One World Protect“ investiert über ein Chancenmanagement in das erste Dezil eines Anlageuniversums von rund 600 Aktien. Auswahlkriterium ist das Momentum der Aktien. Der „Investments for Future“ hat ein konzentriertes Anlageuniversum von 60 Aktien verteilt auf alle investierbaren SDGs und treibt damit den SDG-Anspruch an die Unternehmen auf die Spitze. Aufgrund des konzentrierten Universums weicht das Chancenmanagement einer Strategie, die über Drawdown-Score die schwächere Hälfte des Universums ausfiltert. Der Ökobasis SDG – Investments for Future wird also über zwei Risikomanagement- Algorithmen gesteuert und ist im direkten Vergleich der beiden Fonds das defensivere Investment.

 

FAZIT

Fünf Jahre nach den ersten Überlegungen zu Anspruch und Konzeption eines neuen Nachhaltigkeitslabels bot es sich an, die Erwartungen der Vergangenheit auf den Prüfstand der Gegenwart zu stellen. Nachhaltigkeit hat im Ökobasis-Projekt tatsächlich mit G&W ein Fondsmanagement gefunden, das keine eigenen Aktienwünsche als unverzichtbar deklariert und damit einen verwässernden Einfluss auf die Qualität des Nachhaltigkeitsanspruchs nimmt. Systematisches Risikomanagement hat ebenso seinen Platz bei Nachhaltigkeitsstrategien gefunden, wie es der Steyler Ethik Bank möglich war, dem bis vor vier Jahren zweidimensionalen Rahmen mit den SDGs erstmals eine Analysetiefe auf der Ebene von Produkten und Dienstleistungen der Unternehmen zu geben, die bis dahin nicht zum Repertoire der Branche gehörte. Vielleicht war zudem etwas ganz anderes auch entscheidend für den Erfolg – das Team hat tatsächlich ohne Wenn und Aber als Team zusammengearbeitet.

 

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